Die Erzählerin
Hier findest du einfache Ratschläge für Erzählerinnen. Sie sind recht allgemein gehalten, da die konkreten Details davon abhängen, für welches Genre, welche Stimmung und welchen Spielstil ihr euch als Gruppe entscheidet.
Reden ist gut
Beginnt euer Spiel mit einer Unterhaltung. Sprecht darüber, was du und deine Mitspielerinnen erwarten und an welchen Stellen sich eure Vorstellungen decken. In diesen Bereichen der Überschneidung werdet ihr wahrscheinlich später im Spiel den größten Spaß haben. Zumindest das Genre und die angestrebte Stimmung eurer Geschichte solltet ihr zusammen festlegen. Redet ruhig ein bisschen mehr über diese beiden Dinge, damit allen auch die Feinheiten klar sind – es liegen zum Beispiel Welten zwischen Gothic-Horror-Filmen und Splatterfilmen.
Sprecht auch während des Spiels weiter miteinander. Ermuntere deine Mitspielerinnen, Ideen auszutauschen und ihre Meinung zu Szenen, Zielen und Herausforderungen beizusteuern. Falls du Klärungsbedarf zu Ideen, Themen oder Problemen hast, dann frage nach.
Zuhören ist gut
Zum Reden gehört auch das Zuhören. Hör also gut zu, wenn deine Spielerinnen dir etwas sagen, sei es direkt im Gespräch oder indirekt durch die Taten ihrer Figuren. Arbeite Dinge ein, die mit den Beschreibern auf ihren Figurenbögen zu tun haben, denn das sind genau die Dinge, die die Spielerinnen cool finden.
Im Spiel selbst
Plane vor dem Leiten eines Spiels nicht zu viel voraus. Die Würfelergebnisse werden einen Gutteil der Handlung mitbestimmen und auftretende Lücken füllt ihr durch Zustände und Umgebungsdetails. Hier sind einige Tipps, die dir helfen das Spiel im Gang zu halten und genau so viel Spaß zu haben wie die Spielerinnen.
Weniger ist mehr: Verkompliziere deine Aufgabe nicht, indem du allzu viele Handlungsstränge oder verschachtelte Wendungen einführst. Das Durcheinander ergibt sich ganz von selbst und die Geschichte wird in Richtungen abschweifen, auf die du alleine nie gekommen wärst.
Du bist nicht der Feind: Das erscheint dir vielleicht offensichtlich, soll hier aber ausdrücklich betont werden. Deine Aufgabe besteht darin, die Geschichte in interessante Richtungen zu lenken – nicht darin, alle umzubringen. Du kannst deinen Spielerinnen Hinweise geben und Vorschläge machen, wenn du glaubst, dass es die Geschichte verbessert. Manchmal stellst du die Gegenspieler dar und solltest dich dabei nicht zurückhalten, aber trotzdem fair bleiben. Manchmal wiederum stellst du eine Verbündete, Begleiterin oder Mitstreiterin dar und auch dabei solltest du fair und im Sinne des Spiels handeln.
Sag „ja“: Wenn Spielerinnen Vorschläge machen oder Fragen stellen, tun sie das meistens, weil sie interessant finden, was gerade passiert. Wahrscheinlich haben sie eine coole Idee für die Geschichte. Ermuntere sie und sag getrost „ja“ zu solchen Einwürfen. Das soll nicht heißen, dass die Spielerinnen alles kriegen, was sie wollen – wenn es passt, solltest du sie aber Elemente hinzufügen lassen.
Würfeln muss einen Sinn haben: Immer, wenn du um einen Würfelwurf bittest, sollte danach etwas Interessantes passieren. Und zwar unabhängig vom Würfelergebnis! Zwinge deine Spielerinnen nicht zum Würfeln, wenn das Ergebis für den Fortgang der Geschichte unbedeutend ist oder wenn eine Niederlage den Schwung der Handlung stoppen würde.
Drei Fragen zur Orientierung
Wenn ihr ein neues Spiel anfangt, sprich mit den Spielerinnen über ihre Erwartungen. Versucht, gemeinsam die folgenden drei Fragen zu beantworten:
Welche Rollen spielen die Figuren?
Wollen die Spielerinnen Türen eintreten, Monster abschlachten und bergeweise Schätze nach Hause schleppen? Wollen sie große Heldinnen sein oder lieber Außenseiterinnen, die gegen unbezwingbar scheinende Widerstände ankämpfen?
Wie wollen die Spielerinnen sich fühlen?
Wollen sie das Gefühl haben, dass sie die Welt verändern können? Dass ihre Figuren an Geld, Ruhm oder Macht immer reicher werden? Oder wollen sie mit dem Rücken zur Wand zu stehen und ständig in Lebensgefahr schweben?
Welche Rolle übernimmt die Erzählerin?
Welche Herausforderungen, Begegnungen und Situationen wirst du den Figuren präsentieren, um das oben Angesprochene zu erreichen? Sorgst du dafür, dass jede Herausforderung mit einer großzügigen Belohnung verbunden ist? Führst du jeden Kampf hart, aber fair? Verfolgen Gegenspieler ihre Ziele unermüdlich und kompromisslos?
Wenn ihr diese Fragen beantwortet habt, können sich alle am Tisch über ihre Rolle im kommenden Abenteuer im Klaren sein.
Erholung und Heilung
Im Spielverlauf können die Figuren Verletzungen erleiden, körperlichen oder geistigen Belastungen ausgesetzt sein und von einer ganzen Reihe anderer Zustände heimgesucht werden. Wann und wie schnell sich die Figuren von diesen Zuständen wieder erholen, sollte immer zur Geschichte passen. Normalerweise geschieht das einfach durch das Verstreichen der Zeit, das muss aber nicht so sein. Eine gute Faustregel ist, dass Figuren sich zwischen zwei Szenen von mindestens einem Zustand erholen können. Das hängt aber natürlich auch davon ab, wie viel Zeit zwischen den Szenen vergeht.
Belohnungen
Belohne die Spielerinnen mit FU-Punkten für gutes Rollenspiel und das Erreichen von Zielen. Du kannst sie auch für eine Reihe anderer Dinge belohnen, die die Gruppe vorher abspricht (siehe dazu die Randnotiz zu FU-Punkten in Kapitel 4).
FU-Punkte können die Erfolgschancen der Figuren verbessern; daher sind sie eine schöne, direkte und greifbare Belohnungsmöglichkeit. Du musst jedoch nicht die einzige Person am Tisch sein, die Belohnungen verteilt. Alle dürfen sich melden, wenn sie finden, dass jemand etwas cooles, witziges oder beeindruckendes getan hat, und einen FU-Punkt dafür ausloben.
Wie viel und wie oft? Sei freigiebig mit deinen Belohnungen. Die positive Verstärkung durch das Verdienen von FU-Punkten soll die Spielerinnen zu weiteren heldenhaften, spektakulären oder verderbten Taten anregen. Berücksichtige auch, ob euer Spiel nur über eine Sitzung gehen soll oder Teil einer längeren Geschichte oder Kampagne wird. In Spielen mit nur einer Sitzung brauchen die Spielerinnen ihre FU-Punkte wahrscheinlich schneller auf, daher sollten sie auch schneller wieder aufgefüllt werden.
Figuren und Hindernisse
Alle Nichtspielerfiguren, Monster, Fallen, Bösewichte, Geländeeigenschaften, Wesen und Hindernisse, denen die Spielerinnen begegnen, werden im Großen und Ganzen genau wie Figuren definiert. Es gibt keine Regeln, die dich beim Gestalten von Figuren oder Hindernissen einschränken. Die einzige Voraussetzung ist, dass du sie unterhaltsam und interessant machst.
Organisatorische Tipps
Die Schale
Die Schale ist eine Methode zum Verteilen von FU-Punkten. Stellt eine Schüssel mit Glassteinen, Pappplättchen oder Spielmarkern in die Tischmitte – jeder Gegenstand darin entspricht einem FU-Punkt. So kann die Erzählerin die Spielerinnen bitten, sich „einen aus der Schale“ zu nehmen, und Mitspielerinnen können sich daraus bedienen, wenn sie jemanden belohnen möchten. Diese Möglichkeit setzt Vertrauen zwischen Spielerinnen und Erzählerin voraus, erlaubt aber auch einen reibungslosen Spielablauf, da niemand erst nachfragen muss „Gibt es dafür einen FU-Punkt?“
Erfahrung gewinnen
In FU geht es nicht um das Aufsteigen auf immer höhere „Level“. Die Figuren können zwar allerlei Erfahrungen machen und aus ihnen auch lernen, aber der eigentliche Fortschritt entsteht durch die sich verändernde Welt und Geschichte.
Gegebenenfalls können die Spielerinnen zwischen den Spielsitzungen einen ihrer Beschreiber ändern. Diese Änderung sollte mit einer gerade in der Geschichte gemachten Erfahrung zusammenhängen. Ob Ausrüstung zwischen den Sitzungen gewechselt werden kann, liegt im Ermessen der Erzählerin.
Auch Motive können sich von Sitzung zu Sitzung verändern. Lass deinen Spielerinnen zu Beginn jeder Spielsitzung etwas Zeit, über ihre Ziele nachzudenken und sie wenn nötig anzupassen oder neue zu schreiben.
Den Überblick über Hindernisse behalten
Einzelheiten über deine Figuren, Monster und Hindernisse kannst du auf Haftnotizen oder Karteikarten festhalten. Notiere Beschreiber, Ausrüstung und andere Daten. Wenn sie Zustände auferlegt bekommen, vermerke auch diese auf ihrer Karte.
Halte auch wichtige Geländemerkmale auf Karteikarten fest. Notiere alle zugehörigen Beschreiber, so dass die Spielerinnen sie in ihre Planungen einbeziehen können.
Welche Daten gibst deinen Spielerinnen?
Manche Gruppen und Erzählerinnen spielen ganz offen und machen um die Beschreiber und Details von Kreaturen und Monstern keinen Hehl. Andere wiederum halten solche Informationen zurück. Beide Herangehensweisen führen zu unterschiedlichen Spielweisen.
Mit „offenen Karten“ zu spielen bedeutet, dass alle Bescheid wissen, was passiert und welche Möglichkeiten für tolle Szenen und Aktionen es gibt. Die Spielerinnen sehen, welche Ausrüstung, Zustände und Beschreiber gerade im Spiel sind und können sie in Szenen einbeziehen.
Dagegen zwingt das Geheimhalten der Einzelheiten von Bösewichten, Zielen und anderen Hindernissen die Spielerinnen dazu, ihre Gegnerinnen auszuloten, die Umgebung zu erforschen und verschiedene Herangehensweisen auszuprobieren. Sie können geschickt taktieren, um sich gut zu positionieren oder die Situation in vorteilhafte Richtungen zu lenken. Es kann äußerst befriedigend sein, wenn man man den Beschreiber einer Gegnerin richtig eingeschätzt hat und dafür mit Bonuswürfeln belohnt wird.